Blinden- und Sehbehinderten-Verband verurteilt Kürzungspläne

Blindengeldkürzung ist willkürlich und unsozial!
"Rote Laterne" auch für Behinderte

Der Vorstand des Blinden- und Sehbehinderten-Verbandes Sachsen-Anhalt traf sich am Wochenende zu einer turnusmäßigen Sitzung, an der auch die Leiter der vier regionalen Untergliederungen des Verbandes teilnahmen.
Der Vorstand befasste sich ausführlich mit den Ergebnissen der "Sparklausur" der Regierung am 30./31.05.13, im Rahmen der von Finanzminister Bullerjahn (SPD) vorgegebenen Einsparungen und Kürzungen im Haushalt 2014 und in den Folgejahren auch das Blinden- und Gehörlosengeld drastisch zu kürzen.
Der Verband lehnt diese Pläne als unsozial, sachlich unbegründet und willkürlich ab. Sie widersprechen den vollmundigen Bekenntnissen der Regierung zur Inklusion und zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und erschüttern das Vertrauen der Betroffenen in die Verlässlichkeit der Landespolitik. Die Begründung erinnere fatal an die Kürzung des Blindengeldes im Jahre 2003.

"Während die Regierung nach den massiven Protesten in anderen Bereichen, wie der Polizistenbesoldung, der Kirchentribute und auch im Hochschulbereich zurückrudert, setzen sich Herr Bullerjan und Herr Haseloff eiskalt und technokratisch über die Lebensbedürfnisse behinderter Menschen hinweg. °Die sind ein leichtes Opfer, da sie sich wegen ihres Alters, ihrer Gebrechlichkeit, ihrer Hilfebedürftigkeit und geringen Mobilität nicht lautstark wehren können", beschreibt die Vorsitzende des Verbandes, Christel Pildner, die unerträgliche Situation für blinde Menschen.

"Sachsen-Anhalt hat im Bundesvergleich bereits auf vielen Gebieten die sprichwörtliche "Rote Laterne" inne, aber noch nicht auf allen! Das soll sich zumindest für blinde Menschen ändern, wenn ihr Nachteilsausgleich auf das bundesweit geringste Niveau gekürzt wird.", so Pildner.

Die Regierung verweise stets auf Brandenburg, wo das Blindengeld unter einer rot-roten Regierung auch nur 266 Euro betrage. Sie sagt aber nicht, dass in Brandenburg die Leistungen für Gehörlose höher sind als in Sachsen-Anhalt und dass dort auch bestimmte Körperbehinderte eine Leistung erhalten. Das ändert nichts daran, dass das Blindengeld in Brandenburg zu gering ist, was eine wirkliche Teilhabe einschränkt. Im Übrigen kämpfen die Betroffenen in Brandenburg seit Jahr und Tag um eine verbesserte bedarfsdeckende Leistung, um vergleichbare Lebensbedingungen auch für blinde Menschen zu erreichen. Sachsen-Anhalt dürfe sich nicht nur dort orientieren, wo Menschen noch stärker benachteiligt werden.

Der Blinden- und Sehbehinderten-Verband rechnet nun auf die Fraktionen des Landtages und deren soziales Augenmaß, um eine unangemessene Benachteiligung blinder Menschen durch die Bullerjahnsche Kürzungspolitik noch zu verhindern.

Der Verband wird im September zu einer Demonstration und Kundgebung unter dem Motto "Hände weg vom Blindengeld" in Magdeburg aufrufen.

Hintergrund:
Blindengeld wird in der Bundesrepublik als Nachteilsausgleich für den blindheitsbedingten Mehraufwand von den Bundesländern gewährt, um den Betroffenen ein annähernd selbstbestimmtes Leben und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Es dient vor allem der Finanzierung von persönlicher Unterstützung und Assistenz, der Beschaffung erforderlicher Hilfsmittel, die nur teilweise von Sozialleistungsträgern übernommen werden, sowie zur Sicherung eines Minimums an Mobilität und des Zugangs zu Information und Kommunikation.
Besonders Neuerblindete und ältere Blinde sind im Alltag für praktisch alle Lebenssituationen auf fremde Hilfe angewiesen sind, von der Essenzubereitung, über das Einkaufen, den Geld- und Bankverkehr, das Erledigen jeglicher Post bzw. von Schriftverkehr bis hin zu Arztbesuchen oder Behördenangelegenheiten. Auch für die Freizeit und auf Reisen benötigen sie personelle Begleitung und Unterstützung. Die Möglichkeiten einen Beruf zu erlernen und auszuüben und ein angemessenes Einkommen zu erzielen, sind darüber hinaus in hohem Maße eingeschränkt.

In Sachsen-Anhalt beziehen annähernd 7.000 blinde, hochgradig sehbehinderte und gehörlose Menschen Leistungen nach dem Blinden- und Gehörlosengeldgesetz (BliGG LSA). Das Blindengeld beträgt derzeit 350 € im Monat, hochgradig sehbehinderte und Gehörlose erhalten 41 €.
Es betrug bis 2002 430 Euro, unter der Regierung Böhmer (CDU) wurde es ab 2003 auf 350 Euro gekürzt.
Das Blindengeld wird gekürzt, wenn Betroffene Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten oder in stationären Einrichtungen leben. Für blinde Kinder und Jugendliche beträgt es maximal 250 €.

In den meisten Bundesländern liegt das Blindengeld zwischen 400 und 500 Euro im Monat. So zahlt Berlin einen Nachteilsausgleich von 502,72 Euro, Mecklenburg-Vorpommern von 430 Euro, Sachsen von 333 Euro, Thüringen von 270 Euro und Brandenburg von 266 Euro. In Schleswig Holstein, wo die damalige CDU-FDP-Regierung das Blindengeld 2011 auf 200 Euro halbiert hatte, wurde es ab 01. Januar 2013 wieder auf 300 Euro angehoben.

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