Floßfahrt in Parey
Am Donnerstag, den 24.08.2023, traf sich die Genthiner Ortsgruppe nach langer Zeit endlich wieder einmal zu einer gemeinsamen Unternehmung: einer Floßfahrt. Da unsere Gruppe nicht mehr groß genug ist, um das ganze Floß auszulasten, nahmen auch Mitglieder der Ortsgruppen Wolmirstedt, Stendal Mitte und Stendal Nord teil.
Für diese begann das Abenteuer nicht erst auf dem Fluss, sondern schon vor ihrer Haustür, denn sie wurden nicht mit dem üblichen Großraumtaxi bzw. Kleintransporter abgeholt, sondern mit dem Shuttlebus von "Mein Lieblingsplatz Parey", einem knallgelben, echt amerikanischen Schulbus.
Nachdem alle Teilnehmer eingetroffen waren, ging es hinunter ans Wasser zum Floß. Der Weg dorthin war eine befestigte schiefe Ebene mit breitem Handlauf, so dass auch Teilnehmer im Rollstuhl oder mit Rollator komplikationslos auf das Floß gelangen konnten.
Wer sich das Floß nun so vorgestellt hat wie jenes, mit dem sich seinerzeit Huckleberry Finn den Mississippi hinunter treiben ließ oder wie die rutschigen, gefährlichen Gebilde, mit denen früher die Baumstämme aus dem Gebirge ins Tiefland geflößt wurden, sah sich enttäuscht. Aber es war sicher eine angenehme Enttäuschung, denn das Mühlenfloß, so benannt nach der unweit davon stehenden alten, aber gut erhaltenen Windmühle von Parey, war zwar auch aus dicken Baumstämmen gebaut worden, aber darauf war ein ebener Fußboden und eine ringsum laufende hüfthohe Holzwand, damit nichts und niemand ins Wasser fallen konnte. Es gab einen kleinen Arbeitsplatz für den Kapitän, der weder Ruder noch Staken benutzen musste, um das Floß zu bewegen, sondern einen leisen Außenbordmotor.
Dazu gab es noch eine Toilette, echter Luxus auf einem Floß, und eine
kleine Kombüse. Die restliche Fläche des Floßes wurde für die massiven Holzbänke und Tische gebraucht. Das Ganze wurde überdacht vom
Sonnendeck, das man aber nicht benutzen durfte, wenn das Floß unter einer Brücke durch glitt. Es soll ja niemand Schaden nehmen!
Schon die Anlegestelle war sehenswert. Denn dort sind nicht nur die beiden Mühlenflöße festgemacht, sondern ringsherum unterschiedliche Ferienhäuschen, denen nur gemeinsam ist, dass sie alle auf dem Wasser vertäut sind. Manche sahen aus wie hölzerne Iglus, andere haben riesige Fenster, so dass man eine tolle Aussicht nach allen Seiten hat. Einige hatten sogar dazu gehörige Tretboote in Schwanenform.
Und dann stachen wir in See, na ja, das ist jetzt ein bisschen übertrieben, denn es handelte sich nur um Kühnes Loch in Parey. Vor sehr langer Zeit war das mal eine lang gezogene Kiesgrube, aber heute sieht der Uferbereich aus wie der eines natürlichen Sees, mit Schilf, Büschen, alten überhängenden Baumen, an manchen Stellen schier undurchdringlich bewachsen. Aber weiter unten liegen auf beiden Seiten Wochenendgrundstücke, die vor ca. 50 Jahren erstmals verpachtet wurden und abwechslungsreich gestaltet worden sind.
Gleich nach der Abfahrt wurden wir mit 4 Sorten Blechkuchen und Kaffee, so viel man wollte, bedient. Der "Kellner" sah in seinen knielangen Hosen, in Basecap und T-Shirt nicht gerade aus wie ein solcher, aber er war schnell und aufmerksam, wie man es bei anderen Kellnern nur selten erlebt. Wären wir bis zum Abend geblieben, hätten alle feststellen können, dass er auch ein ausgezeichneter Grillmaster ist. Nach dem Kaffeetrinken verzogen sich viele Teilnehmer auf das Sonnendeck und genossen von dort die schöne Aussicht. Die Reise führte zunächst über Kühnes Loch, dann ein Stück über den Pareyer Verbindungskanal und dann weiter auf einem alten Nebenarm der Elbe, vorbei an Neuderben bis nach Derben und dann geruhsam wieder zurück.
Manche fühlten sich durch die Floßfahrt an den Spreewald erinnert. Dem würde ich jedoch nicht zustimmen. Denn die von uns befahrenen Gewässer waren größer als die kleinen Fließe der Spree. Aber es war trotzdem viel schöner als eine normale Dampferfahrt auf der Elbe oder dem Elbe-Havel-Kanal. Es war kleiner mit romantischer Uferbegrünung und viel frischer Luft. Reiher, Schwäne oder bunte Wildenten waren diesmal leider nicht zu sehen. Vielleicht hatten sie sich schon wegen des weiter vor uns fahrenden anderen Floßes versteckt, vielleicht war ihnen auch zu warm. Dafür war das Wasser über größere Strecken mit See- und Teichrosenblättern bedeckt. Deren Hauptblütezeit ist zwar schon vorüber, nur ab und an sah man noch eine Blüte.
Zu sehen gab es aber dennoch genug. Nicht nur die unterschiedlichst gestalteten Bungalowgrundstücke; wir fuhren auch vorbei an Bolles Schiffswerft, wo gerade an einem dort entworfenen Aussichtsschiff der
weißen Flotte mit verschiebbarem Dach und einem Hotelschiff für Flusskreuzfahrten gebaut wurde.
Diejenigen unter uns, die das alles nicht mehr sehen konnten, wurden gut vom Kapitän unterhalten. Dieser erzählte Anekdoten über die beiden Mühlenflöße und dazu wurde thematisch jeweils passende Musik eingespielt.
Er zeigte uns auch die Stelle, wo ganz am Anfang des Unternehmens ein Pärchen vom Ufer aus beim Floß anfragte, ob man darauf auch heiraten könne. Nachdem alles mit der Bürokratie geregelt war, war dieses Paar das Erste, dass auf dem Floß heiratete und dann bekam die Braut nasse Füße. Nicht dass sie auf einmal die Heirat bereute, nein, das ist wörtlich zu verstehen. Nachdem sich nämlich die ganze Hochzeitsgesellschaft auf einer Stelle des Floßes versammelt hatte, wurde es teilweise unter Wasser gedrückt und eine Kammer nach der anderen lief voll. Die Männer einschließlich Bräutigam sprangen über Bord, während die Braut trotz zunehmender Schräglage warten musste, bis das andere Floß kam, um sie an Bord zu nehmen. Aber gesunken ist das Floß nicht und heute wird streng darauf geachtet, dass sich die Gäste auf dem Floß gut verteilen und so etwas nicht wieder passieren kann.
Und so waren auch wir nach zweistündiger Fahrt wieder zurück an der Anlegestelle. Gern wären wir noch ein bisschen länger geblieben, aber die nächste Reisegruppe wartete schon.