Mehr akustische Informationen in Bahnen und Bussen gefordert

Arbeitskreis des Blinden- und Sehbehinderten-Verbandes zu Defiziten im ÖPNV

Im Rahmen der "Woche des Sehens" (08. bis 15. Oktober) tagte gestern der Arbeitskreis für eine barrierefreie Umwelt- und Verkehrsraumgestaltung des Blinden- und Sehbehinderten-Verbandes Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Dem Arbeitskreis gehören selbst Betroffene aus den vier Bezirksgruppen des Verbandes an.

Der Arbeitskreis beschäftigte sich u.a. mit der Umsetzung der soeben novellierten DIN 32984, die die Gestaltung von "Bodenindikatoren" beschreibt. Das sind tastbare und kontrastreiche Profilplatten, die blinden und sehbehinderten Menschen die Orientierung im Personenverkehr und im öffentlichen Raum erleichtern sollen.
Mit Rippen- und Noppenstrukturen sollen u.a. Bahnhöfe, Haltestellen und Fußgänger-Übergänge ausgestattet werden.

"Kommunen und Verkehrsunternehmen sind aufgefordert, diese Leitelemente gemäß der neuen DIN verstärkt einzusetzen", so der Leiter des Arbeitskreises Hans-Peter Pischner.

Der Arbeitskreis beklagte, dass es in Sachsen-Anhalt kaum Fortschritte beim Zugang von Blinden und Sehbehinderten zu Fahrgastinformationen in Bussen und Bahnen gibt. Zwar wird zumeist in den Fahrzeugen die nächste Haltestelle nicht nur optisch angezeigt, sondern auch angesagt. Dies erfolgt allerdings häufig in schlechter Qualität und viel zu leise.
An wichtigen Haltestellen gibt es zunehmend digitale Fahrgastinformationen als optische Anzeigen, die jedoch nur lesbar sind, wenn sie ausreichend große kontrastreiche Schriftzeichen verwenden. Eine technisch ohne weiteres mögliche sprachliche Ansage fehlt jedoch, so dass die betroffenen Fahrgäste nicht erfahren, ob und wann mit einer Bahn zu rechnen ist und welche Linie gerade kommt.
Abhilfe könnten Außenansagen der Fahrzeuge beim Einfahren schaffen, etwa "Linie 6, Richtung Diesdorf", oder Ansagen an den Haltestellen, die die optischen Anzeigen vorlesen.
Solche Lösungen gibt es inzwischen in vielen Städten, so in Nürnberg, Dresden oder Erfurt, nur nicht im "Entwicklungsland" Sachsen-Anhalt, so Pischner.

Der Arbeitskreis kritisierte auch die Deutsche Bahn wegen unzureichender Berücksichtigung sehbehinderter Reisender.
Die Bahn hat an kleineren Bahnhöfen sogenannte Digitale Schriftanzeigen" (DAS) aufgestellt. Die informieren optisch mit einer Laufschrift über Störungen, Verspätungen und ähnliche Vorfälle, sind aber für viele Sehbehinderte nicht lesbar. Angeblich sind auch Lautsprecheransagen vorgesehen, die hat aber noch kein Betroffener je gehört.
An Bahnhöfen fehle es darüber hinaus an tastbaren Markierungen der Handläufe zu den Bahnsteigen, so in Magdeburg. Blinde finden so kaum den richtigen Bahnsteig.

Der Arbeitskreis befasste sich auch mit dem bevorstehenden Aufschwung der Elektromobilität. Elektrofahrzeuge fahren jedoch bei Geschwindigkeiten unter 30 km/h praktisch geräuschlos und bilden damit eine neue Gefahr für Sehbehinderte und Ältere.
Die Blindenverbände fordern daher die Ausstattung dieser Fahrzeuge mit einheitlichen identifizierbaren Sounds.

Ein weiteres Gefahrenmoment sieht der Arbeitskreis in vielerorts anzutreffenden Ampelschaltungen, wo Rechts- oder Linksabbieger freie Fahrt erhalten, während zugleich die dabei zu querenden Fußgängerfurten Grün haben. Das ist häufig für sehbehinderte und ältere Fußgänger lebensgefährlich, es gab bereits Todesfälle, sogar an akustisch signalisierten Ampeln. Der Blinden- und Sehbehinderten-Verband fordert daher eine Entschärfung solcher Fußgängerfallen durch Trennung der Ampelphasen.

Hintergrund:

In Sachsen-Anhalt leben rund 4.000 blinde und mehr als 12.000 stark sehbehinderte Menschen, rechnet man altersbedingte Seheinschränkungen hinzu, sind mindestens 40.000 Menschen betroffen, die meisten im höheren Lebensalter.
Blinde Menschen nehmen häufig selbständig am Straßenverkehr teil, nachdem sie ein sogenanntes Mobilitätstraining mit dem weißen Langstock absolviert oder einen Führhund bekommen haben.
Stark Sehbehinderte sollten sich mit Plaketten kennzeichnen, auch wenn sie noch keinen Stock benötigen, um sich in bekannter Umgebung zu orientieren.
Der Blinden- und Sehbehinderten-Verband bietet Rat und Unterstützung in seinen drei Beratungsstellen in Magdeburg, Halle und Stendal an, einheitliche Rufnummer ist die
01805 666 456
Nähere Informationen finden Sie auch auf der Seite zur Woche des Sehens:
www.woche-des-sehens.de oder beim Blinden- und Sehbehinderten-Verband Sachsen-Anhalt e.V.

Pressekontakt

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39128 Magdeburg

Telefon: 03 91 - 2 89 62 39
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